New views on history: Projektjahr 2020

Dieses Projektjahr hielt für uns besondere Herausforderungen bereit: Die erste größere Veranstaltung im Projekt, die Geschichtswerkstatt I, konnten wir zum Glück Anfang März noch analog durchführen, sodass wir die Chance hatten, uns persönlich alle kennenzulernen.   

An der Geschichtswerkstatt I nahmen 20 Geschichtslehrkräfte aus Russland, der Ukraine, Belarus und Deutschland sowie ein Projektpartner aus jedem Land teil. Die Lehrkräfte stellten sich während der Werkstatt, ihre Analysen des Schulsystems und des Geschichtsunterrichts zum Thema Zweiter Weltkrieg vor. Sie lernten die an den Verein KONTAKTE-KOHTAKTbI gerichteten Briefe der sowjetischen Kriegsgefangenen, der Überlebenden der verbrannten Dörfer aus Belarus und der Überlebenden von KZs und Ghettos aus der Ukraine kennen. Diese sollten die Basis ihrer zukünftigen Unterrichtsentwürfe bilden.

Die Lehrkräfte bildeten länderübergreifende Arbeitsgruppen, in denen sie bis zur Geschichtswerkstatt II im September die Unterrichtsentwürfe erarbeiten sollten. Für die Zusammenarbeit sollten sie vor allem Messenger-Apps, E-Mail und andere Online-Dienste nutzen.

Schließlich hospitierten die ausländischen Gäste einen Tag an den Schulen der Brandenburger Teilnehmenden (Kleinmachnow, Finsterwalde, Cottbus, Erkner und Beeskow).

Aufgrund der Pandemie und der politischen Situation in Belarus konnten wir die Geschichtswerkstatt II nicht, wie ursprünglich geplant, in Minsk stattfinden lassen. Wir unterteilten sie in zwei Veranstaltungen: Teil I der Geschichtswerkstatt II fand als online Format im September statt. Während dieser diskutierten die Geschichtslehrkräfte die Zwischenergebnisse der Unterrichtsentwürfe zum NS-Vernichtungskrieg in der Sowjetunion. Durch die Bereitschaft unserer Teilnehmenden zu einer flexiblen Arbeitsweise konnten wir auch die enorme Zeitverschiebung zwischen Berlin und Krasnojarsk meistern.

Der zweite Teil der Geschichtswerkstatt II fand Mitte November 2020 als hybrides Format statt. Das durch die entfallenen Reisekosten eingesparte Geld widmeten wir für Öffentlichkeitsarbeit um. Die Geschichtslehrkräfte trafen sich in ihren Ländergruppen vor Ort und arbeiteten phasenweise an den animierten Erklärvideos in ihren Ländergruppen und per Videoschalte in den länderübergreifenden Teams. Online zugeschaltet waren auch Moderation und ein Videokünstler zur Begleitung der Arbeit bzw. künstlerischen und technischen Umsetzung der Ideen und Drehbücher für die Videos. Wie schon während Teil I wurde auch diese Veranstaltung simultan verdolmetscht.

Teilnehmende, Geschichtswerkstatt II
© KONTAKTE-KOHTAKTbI е.V.

Das Feedback der Teilnehmenden bezüglich des hybriden Formates fiel sehr positiv aus. Auch wir lernten dieses flexible Format sehr zu schätzen, da sich beispielsweise die Gruppe aus Krasnojarsk wegen des hohen Infektionsgeschehens vor Ort nicht real treffen, aber dafür online teilnehmen konnte.

Die Ergebnisse dieses Jahrs sind 4 Unterrichtsentwürfe von je 30-60 Seiten, in die eine enorme Energie und Arbeitsleistung eingeflossen ist sowie 4 Erklärvideos von je 2 min für die Öffentlichkeitsarbeit.

Die gemeinsame Arbeit an den UE verlief überaus fruchtbar. Auf der fachlichen Ebene war die Atmosphäre konstruktiv. Eine größere Herausforderung für die Zusammenarbeit stellten die unterschiedlichen Arbeitskulturen, in denen die Lehrkräfte verankert waren, die sprachlichen Barrieren sowie die Zeitverschiebung dar. Zwischen den Lehrkräften entstand, neben der Kommunikation über fachliche Themen, auch ein intensiver Austausch auf der kollegialen (Umgang mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie in der Schule) sowie privaten Ebene. Die ukrainischen Lehrkräfte haben ihre Kolleg*innen zu sich eingeladen. Andere Lehrkräfte haben die Idee, sich im Urlaub in Italien zu treffen. Realisiert werden konnte davon jedoch bislang nichts. Das Ende des Projektjahres war sowohl von Erleichterung, weil die enorme Arbeitsbelastung bezüglich der Unterrichtsentwürfe wegfällt, als auch von einer melancholischen Stimmung geprägt, da ein reales Wiedersehen nicht mehr möglich sein wird bzw. in eine unabsehbare Ferne rückte.

Das Projekt wird von KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. durchgeführt und durch das Auswärtige Amt gefördert.