Tetyana Mikhaylivna N. – Freitagsbrief Nr. 171

Mai 2021
Gebiet Riwne, Ukraine

Sehr geehrter Gottfried Eberle und alle Mitglieder Ihres Vereins,

ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung (mit Medikamenten, die Sie für mich gekauft haben).

Ich danke allen Menschen, die Geld für die Medikamente gespendet haben – es ist mir eine große Hilfe.

Ich muss ständig Medikamente nehmen und daher wäre schön, wenn ich damit öfter unterstützt werden könnte.

Nun möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich in Deutschland geboren wurde.

Meine Mutter, Sch. Jaryna Oleksandrivna, wurde 1942 zwangsweise nach Deutschland gebracht.

Sie wurde beim Versuch, schwimmend an das andere Flussufer zu gelangen, im Fluss gefasst. Dort wollte sie sich verstecken. Zuerst wollte man sie erschießen, aber dann wurde sie jedoch zusammen mit weiteren Menschen in einem Güterwaggon nach Deutschland abtransportiert.

Sie musste sehr hart für einen Bauern arbeiten. Dort, in Deutschland, bin ich auf die Welt gekommen. Mein Vater war Russe und kam ebenfalls als Zwangsarbeiter nach Deutschland. Ich wurde im Januar 1945 geboren und gleich danach wurden alle Gefangenen von den sowjetischen Soldaten befreit.

So musste sich meine Mama damals mit mir als Baby den Weg nach Hause in Eigeninitiative bahnen, weil mein Vater gleich an die Front eingezogen wurde. Meine Mama war mit mir also von Januar bis Mai unterwegs. Der Krieg hat mich am Ende dann auch noch um meinen Vater gebracht.

Als Kind hatte ich eine schwache Gesundheit. Nun lebe ich so, wie auch alle ukrainische Rentner leben – mit jämmerlichen Renten. Wegen meiner Erkrankungen muss ich viel Geld für Medikamente ausgeben. Und ich bete zu Gott dem Barmherzigen, dass er einen solchen Krieg und Kriege überhaupt nie wieder zulässt.

Er möge es so einrichten, dass sich Menschen auf der ganzen Welt mögen und darüber immer ein friedlicher wolkenloser Himmel erstrahlt.

Mit Respekt und Dank an Sie

N. T.M. (gezeichnet)

Übersetzung aus dem Ukrainischen Iryna Berndt