Olga Antonowna M. – Freitagsbrief Nr. 156

Dnipro, Ukraine
Januar 2021

Sehr geehrter Verein!

Ich habe Ihre Hilfe erhalten: die Medizin und das medizinische Hilfsmittel. Vielen Dank! Diabetikern geht es schlecht ohne Glukometer, und teure Medikamente können wir uns bei unserer kleinen Pension nicht leisten.

Kurz zu mir und meinen Eltern:

Meine Eltern, Anna Vasiljevna, geb. 1925, Anton Fjodorovitsch, geb. 1924, wurden am 18. August 1943 zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Sie wurden in Viehwaggons transportiert, alle zusammen, Männer und Frauen, in die Stadt Pritzwalk. Sie arbeiteten beim Gutsbesitzer Wilhelm Kurt in verschiedenen Funktionen. Am 10. März 1944 wurde ich geboren. Meine Eltern erzählten, dass es schwer war, in der Unfreiheit zu leben. Keine Sprachkenntnisse, ein anderes Klima, zu wenige Lebensmittel. Am 2. Mai 1945 wurden wir befreit. Am 29. Mai kamen meine Mutter und ich nach Hause. Das Dorf war zur Hälfte abgebrannt. Das halb durch das Feuer zerstörte Haus meiner Großmutter bauten wir zum Teil wieder auf. Und so wohnten wir zusammen mit meinen Onkeln, Großmutter und Großvater – zusammen 9 Personen.  Rundherum war alles zerstört. Wir pflügten mit Kühen (Pferde waren nicht da), die Kolchosarbeiter arbeiteten ohne Bezahlung, weil alles zum Wiederaufbau der Fabriken verwendet wurde. Und dann gab es die Missernte wegen der Trockenheit 1946. Der Hunger 1946–1947. Diese Jahre waren sehr schwer. 1947 kehrte unser Vater von der Armee zurück. 1949 bauten wir eine Kate aus Lehm und Stroh. Sie hatte zwei Teile: einen für uns, einen für die Kühe und die Hühner. Es gab im Winter kein Brennmaterial für den Ofen. Wir schliefen alle auf dem russischen Ofen, und die Wände glitzerten vom Reif. In die Schule ging ich 3 Kilometer entfernt vom Haus. Es gab keinen Strom und auch kein Radio. Aufgaben machten wir beim Schein einer Kerosinlampe. Nach 1953 wurde es leichter. Steuern wurden abgeschafft.

In den 70er Jahren wurde das Leben für die Dorfbewohner leichter. Man begann Häuser aus Backstein und Schiefer mit Holzfußböden zu bauen.

1961 schloss ich die Schule im Bezirkszentrum Krasnograd ab, wo ich die 8., 9. und 10. Klasse besucht hatte, und fuhr nach Dnipropetrowsk. Hier schloss ich die technische Berufsschule ab und arbeitete 17 Jahre in der JuMS Fabrik. Ich heiratete, 1965 wurde unsere Tochter Vita geboren, 1977 – Oxana. 1987 wurde die Enkelin Ira geboren, 1992 der Enkel Jura.

Lange arbeitete ich als Kassierin im Busbahnhof. 2012 wurde ich nach 50 Berufsjahren pensioniert. Aber ich arbeitete inoffiziell noch 4,5 Jahre weiter, weil man von der Pension kaum leben kann. Und jetzt erlaubt mir meine Gesundheit nicht mehr zu arbeiten. Ich muss mit der Pension von 2 900 Grivna auskommen. Ich lebe allein.

Ich bin der Stiftung „Gegenseitiges Verständnis und Toleranz“ sehr dankbar für die mir geleistete Hilfe, ebenso Ihrem Verein, allen Deutschen. Danke für das Verständnis, die guten Worte, für die Freundschaftlichkeit uns gegenüber. Ich bin für gute Beziehungen zwischen den Völkern, sonst nichts, für Freundschaft in der ganzen Welt. 

Mit Hochachtung und den besten Wünschen

Olga Antonovna M.

Übersetzung Katrin Ruppelt