Eberhard Radczuweit

8. November 1941 – 8. August 2017.

Wir haben unseren Freund Eberhard verloren – einen Menschen der Zuwendung zum Nächsten, ein pragmatischer Idealist, der mit Würde bewahrenden Initiativen die Leiden krebskranker Kinder wie auch die Lebensgeschichten sowjetischer Kriegsgefangener nach Umständen extremer Entrechtung wahrnahm und Wege der Hilfe fand.

Eberhard Radczuweit
Eberhard Radczuweit Foto: Christian Schwartz

In bewegender zwischenmenschlicher Gebundenheit gründete er 1990 den Verein KONTAKTE-KOHTAKTbl, in dem er mit persönlichem Mut und einer Praxis der sozialen Verpflichtung wider alle Misstrauensbewegungen an einer stärkenden Freundschaft mit den Ländern der ehemaligen Sowjetunion arbeitete. Sein ethisches Vermächtnis dieser Würde stabilisierenden „Kontakte” ruht in der Gewissheit, dass nichts so bleiben muss, wie es ist.

In Dankbarkeit und Trauer

KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. – der Vorstand

Wir alle trauern um Eberhard Radczuweit, der unseren Verein 1990 gegründet hat und ihn seither bis zu seinem Tod in aufopferungsvoller Arbeit betreut hat. Es soll an dieser Stelle sein Leben gewürdigt werden. Er ist 1941 in Berlin-Friedenau geboren, lebte bis zur Gründung der DDR in Finsterwalde, wo er eingeschult wurde. Seine weitere Kindheit verbrachte er im Rheinland. Mit 17 trat er in eine Kunstschule in Düsseldorf ein, und ein Jahr später begann er an der damaligen Hochschule für Bildende Künste (heute Universität der Künste) ein Studium im Fachbereich Freie Malerei. Seit den 70er Jahren war er aktiv in der Friedensbewegung und setzte sich zunehmend mit den Feindbildern des Kalten Kriegs auseinander. In der Westberliner DSF (Deutsch-Sowjetische Freundschaft) organisierte er Kulturveranstaltungen, sogenannte „Tage der UdSSR”, veranstaltete Stadtteilfeste zu verschiedenen sowjetischen Republiken, verließ schließlich aber die Gesellschaft wegen ihrer poststalinistischen Mentalität. Ende der 80er Jahre rief er zur Gründung einer überparteilichen Vereinigung auf, die 1990 vom damaligen Präsidenten der Hochschule der Künste ins Leben gerufen wurde. Seither arbeitete er ohne Unterbrechung in diesem Verein für Kontakte zu den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.

Ein besonderes Anliegen waren ihm die sowjetischen Kriegsgefangenen unter dem NS-Regime. Unermüdlich kämpfte er für ihre finanzielle Unterstützung durch Spendenaufrufe und Petitionen, die im letzten Jahr endlich, spät genug, eine Hilfe von 10 Millionen € seitens der Bundesregierung bewirkten. Das zweite große Projekt kristallisierte sich in einem Moskau-Berlin-Protokoll, einer Therapiestudie zur Heilung leukämiekranker Kinder. Es konnte bewirken, dass dort die Überlebensrate leukämiekranker Kinder heute genauso hoch ist wie bei uns.

Die Begegnungen, die er bewirkte, lassen sich gar nicht zählen. Ein wichtiges Medium zur Völkerverständigung war ihm die Musik. In einer Zeit, in der im Kaukasus Krieg herrschte, versammelte er unter dem Motto „Kaukasischer Frieden” junge Musiker aus Armenien, Aserbeidschan und Georgien zu einem Orchester, das 14 Tage in Berlin auf ein Konzert zu arbeitete. Für den Verein stellt sich die Frage, wie es nach Eberhard Radczuweits Ableben weitergehen kann. Ohne Frage ist er unersetzlich. Seine umfassenden Kenntnisse lassen sich nicht ohne weiteres erwerben. Dennoch sind wir fest entschlossen, die Arbeit von KONTAKTE-KOHTAKTbI fortzusetzen. Zwei neue Mitarbeiterinnen arbeiten an der Verwirklichung eines großen Projekts, das deutsche, russische und ukrainische Studentinnen und Studenten im Gespräch über Formen des Gedenkens an sowjetische Kriegsgefangene zusammen führen soll. Die solidarische Unterstützung und Anerkennung von „vergessenen” Opfern des deutschen Angriffskriegs auf die Sowjetunion wird weiter ein Anliegen von KONTAKTE-KOHTAKTbI sein, der Schwerpunkt sich von den sowjetischen Kriegsgefangenen auf die Überlebenden der verbrannten Dörfer in Belarus verlagern. Das Leukämie-Projekt bleibt weiter ein Anliegen. Aufgeschlossenheit für neue Projekte besteht. Und es werden die bewährten Reihen „Montags-Film” und monatlicher kultureller Jour fixe weitergeführt. Um das alles zu tun, sind wir auf die Treue unserer Mitglieder angewiesen, die sie uns bisher gehalten haben und hoffentlich auch weiter halten. Und wir bedürfen weiterhin der finanziellen Zuwendungen. Mit gemeinsamer Kraft können wir die Zukunft des Vereins sichern und sein segensreiches Wirken fortsetzen.

Gottfried Eberle, Vorsitzender des Vorstands