Semjon Arkadjewitsch K. – Freitagsbrief Nr. 98

Semjon Arkadjewitsch K.
Belarus, Gebiet Witebsk

Mein Schicksal

Guten Tag! Vielen Dank Ihnen für die Aufmerksamkeit und Unterstützung der belarussischen Bürger, die in den entsetzlichen Tagen der Kriegsjahre geboren wurden und sie erlebten.

Sehr gerne erzähle ich Ihnen die Geschichte meines Lebens.

Unsere Familie war groß – vier Kinder: Vater, Mutter, die große Schwester, ich, eine kleine Schwester und ein kleiner Bruder. Der Vater zog in den Krieg, wurde verwundet bei Leningrad und 1944 befördert.

Nach dem Krieg war es sehr schwer zu überleben. Zuerst wohnten wir in einer Erdhütte. Später haben wir ein Haus gebaut. Es gab nichts zu essen. Wir sammelten ein Gras „Asot“, und Mutter bereitete aus dem Gras Blini. Wir aßen alles, was es gab. Der Wiederaufbau dauerte sehr lange.

Ich ging mit sieben Jahren zur Schule. Sie befand sich im Dorf Kachanowitschi, fünf Kilometer von zu Hause. Es gab keine Kleider – wir liefen barfuß, und im Winter in Gummistiefeln. Im Sommer sammelten wir Beeren und Pilze. Ich gehe auch jetzt noch sehr gerne in den Wald und sammle Pilze und Beeren, jetzt nicht mehr, um zu überleben, sondern zu meinem Vergnügen.

Ich habe sehr früh angefangen zu arbeiten – mit 13 Jahren. In der Kolchose erledigte ich schwere Arbeiten: Silage bereiten, Heu machen für das Vieh, pflügen, Kartoffeln setzen und Korn säen.

Nach der Schule ging ich aufs Technikum, indessen musste ich abgehen und nach Hause zurückkehren, um meinen Eltern zu helfen, die große Familie zu ernähren. Zu der Zeit arbeitete mein Vater als Schmied und meine Mutter in der Kolchose. Damals wurde kein Geld gezahlt und es wurde nach Arbeitseinheiten vergütet.

Bald darauf beendete ich eine Ausbildung als LKW-Fahrer. 1962 ging ich zur Armee. Wie es das Schicksal so wollte, diente ich in Ostdeutschland. Ich behalte warme Erinnerungen an das deutsche Volk: Sie sind sehr freundliche und ordentliche Leute. 1967 habe ich geheiratet. Ich zog zwei Kinder groß. Mehr als 35 Jahre war ich Fahrer beim Chemiebetrieb „Polymer“.

Jetzt bin ich schon 78 Jahre alt, habe drei Enkel und einen Urenkel.

Mit vielen Grüßen  Semjon Arkadjewitsch K.