Nina Iosifowna G. – Freitagsbrief Nr. 187

Ukraine, Lubny
März 2010

Dankesbrief an die deutsche Wohltätigkeitsorganisation „Kontakte-Контакты“

Ich, Nina Iosifowna G., wurde am 7.10.1937 geboren. Als die Deutschen die Stadt Lubny (Gebiet Poltawa, Ukraine) besetzt hatten, lebte ich in Lubny in der Puschkinstraße.

Ich möchte Herrn Eberhard Radczuweit von ganzem Herzen für die finanzielle Unterstützung danken und dafür, dass Sie uns Juden, die heute in der Ukraine leben, nicht vergessen haben. Ich habe nur eine kleine Rente, 650 Griwna, von denen ich auch Heizung und Strom bezahlen und Medikamente kaufen muss. Fürs Essen und alles andere bleibt nur eine kleine Summe übrig, es reicht für Brot und Milch.

Gott gebe Ihnen Gesundheit und allen, die Ihren Verein mitgegründet haben und die dort arbeiten.

Als Lubny 1941 besetzt wurde, war ich 3 Jahre alt und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie wir während der Besatzungszeit von 1941-43 dem Tod entkommen sind. Als ich älter wurde, hat mir meine Mutter davon erzählt. Sie sagte mir, dass die Deutschen 1941 in Lubny alle Juden versammelt hatten, dann brachten sie sie unter Bewachung ins Dorf Zasulje im Bezirk Lubny und dort haben sie alle erschossen. Meine Mutter war dem Befehl der Deutschen, sich auf dem Platz zu versammeln, nicht gefolgt, sie hatte sich und mich bei einer ukrainischen Familie im Keller versteckt. Nachdem die Deutschen das Haus, in dem wir lebten, durchsucht hatten, war dort niemand mehr, aber meine Mutter hatte Angst, dass sie die Häuser, in denen vor der Besatzung Juden gelebt hatten, nochmal durchsuchen würden. Deshalb beschloss sie, Lubny zu verlassen und in ihr Heimatdorf Tischki (Bezirk Lubny) zu gehen, zu einer Bekannten, einer älteren Ukrainerin namens Marusja. Im Schuppen bauten sie für uns ein Versteck mit Stroh im Keller, dort hielt sie sich versteckt, für den Fall, dass zu Marusja die Deutschen oder Polizai kommen. Als Lubny 1943 von den deutschen Besatzern befreit wurde, kehrten meine Mutter und ich nach Lubny zurück und zogen in das Haus, in dem ich heute noch lebe:

Ukraine, Poltawskaja oblast, gorod Lubny

Mit den besten Grüßen,

Nina Iosifowna

Aus dem Russischen von Valerie Engler