Ljudmila Vasiljivna N. – Freitagsbrief Nr. 178

Tscherkassy, Ukraine

Guten Tag, Gottfried Eberle und Sibylle Suchan-Floss,

es schreibt Ihnen  Ljudmila Vasiljivna N.

Ihren Brief habe ich dankend erhalten. Sie haben mich gebeten, aus meinem Leben zu erzählen. So fange ich zunächst bei meinen Eltern an. Als meine Mutter erwachsen wurde, fuhr sie zu ihrem Bruder nach Lutschintschyk, wo er bei der Armee war. Meine Mutter hatte dort auch meinen Vater kennen gelernt. Mein Vater war Deutscher namens Krieger. Sie hatten geheiratet. Als sein Armeedienst zu Ende war, sind sie zusammen ins Dorf meiner Mutter gegangen. Als der Krieg ausbrach, wurde mein Vater eingezogen. Dort ist er in [deutsche d.Übers.] Gefangenschaft geraten. Er wurde durch die Deutschen gezwungen, ihnen zu dienen. Als er mal Urlaub hatte, kam er ins Dorf zu seiner Familie, womit er uns einen großen Schaden zugefügt hat. Beim Rückzug der Deutschen befahlen sie ihm, seine Familie nach Deutschland abtransportieren zu lassen. Dort hat meine Mutter dann in einem Lager gelebt. Dort kam ich auf die Welt. Als die Unsrigen auf dem Vormarsch waren, haben sie meine Mutter mit ihren Kindern in die Ukraine zurückgeschickt.

Als meine Mutter noch im Lager lebte, kam einmal mein Vater sie besuchen und sagte ihr, er will jetzt mit einer deutschen Frau zusammenleben. So geschah es, dass ich meinen Vater nie gesehen habe. Dann später in der Ukraine, auf dem Dorf, wo meine Mutter lebte, wurden wir nicht gut behandelt, denn man hielt uns für Deutsche.

Als ich dann mit der Schule fertig war, bin ich nach Tscherkassy gegangen. Hier heiratete ich und bekam 2 Söhne. Ich muss gestehen, dass mein Mann krank ist. Ich bin auch krank, denn meine Knie tun mir sehr weh. Wir wohnen in einer Zweizimmerwohnung und beziehen kleine Renten.

Ich möchte mich bei Ihnen beiden persönlich sowie allen Menschen, die uns mit Medikamenten unterstützen, bedanken. Ich habe nun einen Blutdruckmessgerät sowie Medikamente erhalten….

Bitte grüßen Sie alle Menschen, die uns unterstützen, recht herzlich von mir und meiner Familie. Auf Wiedersehen.

Übersetzung aus dem Ukrainischen Iryna Berndt