Galina Wasiljewna P. – Freitagsbrief Nr. 170

Ukraine, Gebiet Rivne

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich melde mich bei Ihnen, um die Dankbarkeit im Namen von meiner Großmutter auszudrücken. Es handelt sich um die Arzneimittel, die sie vor kurzem dank Ihrer finanziellen Unterstützung erhalten hat. Meine Großmutter lebt in der Ukraine und wurde im Jahr 1942 mit ihrer Familie nach Deutschland gebracht. Sie hat einen Dankeschön-Brief in ukrainischer Sprache geschrieben und entsprechend Ihrer Bitte ihre eigene Geschichte geschildert. Unten finden Sie die Übersetzung dieses Briefes.

“Mein Name ist Halyna P., geboren im Jahr 1942. 1944 wurden meine Familie und ich nach Deutschland gebracht. Ich war 2 Jahre alt und erinnere mich daran nicht, aber meine Eltern sagten, dass wir im Dorf des Haushaltsbesitzers (wo meine Eltern gearbeitet haben) 3 Kilometer von der Stadt Mainz entfernt waren. Der Besitzer hatte viele Kühe, die von Menschen aus Polen gemolken wurden (Milch war eine der Hauptingredienzen in unseren Speisen, die wir aßen). Mein Vater arbeitete zusammen mit dem Besitzer im Wald, und meine Mutter – auf dem Feld. Meine Großmutter kümmerte sich um uns, weil ich noch einen Bruder (Sascha) hatte. Er war 8 Monate alt, als er in Deutschland starb und wurde auch da begraben. Mein Großvater wurde ebenfalls in Deutschland begraben, aber ich weiß nicht, wo sich sein Grab befindet.

Wir wurden mit dem Güterzug nach Deutschland gebracht, ich erkältete mich und kriegte Tuberkulose. Als wir im Jahr 1945 zurück in die Ukraine kehren konnten, wollte die Besitzer des Hofes (wo wir arbeiteten), dass wir bleiben, aber meine Mutter wollte nach Hause. Viele sagten, ich könne nicht in die Ukraine zurückkehren – ich würde nicht überleben, und es wäre besser gewesen, mich in Deutschland zu lassen, aber mein Vater hat mich nicht verlassen.

Ich überlebte, und als ich 15 Jahre alt war, starb mein Vater und ich musste nach der Schule zur Arbeit gehen: auf Kälber aufpassen und Kühe mit meinen Händen melken. Eines Tages fiel ich auf den Boden und verletzte meine Niere. Ich wurde in einen leichteren Job versetzt und kümmerte mich um Kinder in einem Kindergarten, kochte Essen und arbeitete als Verkäuferin. Für meine Arbeit bekam ich wenig Geld und verdiente eine kleine Rente, aber dank Ihnen bekam die finanzielle Unterstützung (herzlichen Dank für die Arzneimittel). Möge Gott Ihnen und uns Gesundheit geben.

Gott sei Dank sind wir immer noch mit meinem Mann zusammen, er ist 84 Jahre alt und ich bin 79 Jahre alt. Wir hatten eine Kuh und ein Pferd – den ganzen Haushalt, aber jetzt gibt es nur ein kleines Stück Land – 8 Are. Unsere Kinder helfen uns. Wir haben gute Kinder – einen Sohn und eine Tochter, und wir haben auch zwei Enkelkinder – Sascha und Yura. Yura arbeitete in Polen bei einem Betrieb, und jetzt hat er einen Job in der Ukraine gefunden. Und Sascha studierte Deutsch an der Ostroh-Akademie. Vielleicht übersetzt er für Sie, was ich geschrieben habe. […]

Wenn Sie noch an etwas Interesse haben – fragen Sie und ich werde erzählen. Aber vielleicht habe ich schon zu viel geschrieben, dann verzeihen Sie mir.

Ich wünsche allen viel Gesundheit, Frieden und Ruhe.

Ich hätte nie gedacht, dass Sie mir schreiben würden. Ich bin sehr glücklich und bedanke mich bei Ihnen für alles.

Halyna P.”

Mit freundlichen Grüßen im Namen von mir und meiner Großmutter 

Oleksandr Shch. (Sascha)